achterbahnwissen 06. Mrz 2022 • Lesedauer: 4 Minuten

Was ist ein Flying Coaster beziehungsweise Flying Launch Coaster?

FLY im Phantasialand Rookburgh Launch 2 beim Hotel Charles Lindbergh

Ein Flying Coaster ist eine Stahlachterbahn, bei der du unter der Schiene fährst und vor oder während der Fahrt aus einer normal-aufrechten Sitzposition in eine auf den Bauch gedrehte, also fliegende, Position gebracht wirst. Das geschieht beispielsweise, indem die komplette Sitzreihe nach hinten hochgeklappt wird. Die Beine befinden sich also in Fahrtrichtung hinter dem Oberkörper. Ein Flying Launch Coaster wird über einen Katapultantrieb beschleunigt.

Schnelles Wissen zum Flying Coaster

  • Verdrehte Kräfte: Weil du in einem Flying Coaster nicht aufrecht sitzt, sondern dein Körper liegend nach unten gerichtet ist, nimmst du vertikale und horizontale G-Kräfte vertauscht wahr. Abgesehen von der Flugposition selbst ist das der Aspekt, der die Fahrt auf einem Flying Coaster so außergewöhnlich macht.
  • Niederländische Pionierarbeit: Der niederländische Hersteller Vekoma war der erste, der einen Flying Coaster gebaut hat. Die allererste Achterbahn dieses Typs wurde im Jahr 2000 in den USA eröffnet. Kurz danach führte auch der Schweizer Hersteller Bolliger & Mabillard ein Flying-Coaster-Modell ein. B&M konnte sich gegen Vekoma durchsetzen und lieferte mehr Bahnen aus.
  • In der Unterzahl: Weltweit gibt es über 5.000 Achterbahnen – gerade einmal 14 davon sind große Flying Coaster. Wenn man die kompakten Achterbahnen von Zamperla dazurechnet, sind es 22. Die meisten großen Anlagen stehen in den USA oder in Fernost, in Europa gibt es nur zwei Flying Coaster. („F.L.Y. im Phantasialand ist einer davon.)
  • Neue Generation: Seit 2010 wurde es um Flying Coaster immer stiller und es entstanden nur noch sehr wenige neue Achterbahnen dieses Typs. 2020 wurde im Phantasialand mit „F.L.Y.“ eine besonders innovative Bahn der nächsten Generation eröffnet – diese ist zugleich der weltweit längste Flying Coaster und der erste mit zwei Katapultbeschleunigungen.

Geschichte: Wie haben sich Flying Coaster mit der Zeit weiterentwickelt?

Sämtliche Flying Coaster, die bis heute in Betrieb sind, wurden entweder vom niederländischen Hersteller Vekoma, vom Schweizer Hersteller Bolliger & Mabillard (B&M) oder vom italienischen Hersteller Zamperla gebaut.

Vekoma baute den allerersten modernen Flying Coaster

Der Erfinder des modernen Flying Coasters, so wie wir ihn bis heute kennen, ist Vekoma. Bereits im Jahr 2000 wurde die allererste Vekoma-Achterbahn des Flying-Typs eröffnet – „Stealth“ im amerikanischen California’s Great Adventure. Ein Jahr später folgte mit „Batwing“ im ebenfalls amerikanischen Six Flags America der zweite Flying Coaster.

Diese ersten Modelle beziehungsweise die Produktreihe nannte man bei Vekoma intern „Flying Dutchman“. Die Idee des Herstellers war, dass die Insassen oberhalb der Schiene sowie entgegen der Fahrtrichtung Platz nehmen, vor der Abfahrt nach hinten auf den Rücken gekippt werden, so gekippt auch den Lift hochfahren und oben dann durch eine Drehung der Schiene in die Flugposition gelangen.

Sowohl dieses Konzept als auch das generelle Erscheinungsbild der Achterbahnen hatten allerdings noch einen ausgeprägten Prototyp-Charakter.

Bolliger & Mabillard in 3, 2, 1, …

Anders war das bei den ersten Achterbahnen dieses Typs vom Schweizer „Edel-Hersteller“ Bolliger & Mabillard. Nur zwei Jahre nach der Eröffnung des ersten Vekoma-Flying-Coasters wurden die ersten zwei B&M-Bahnen dieser Art in Europa und in den USA eröffnet – „Galactica“ im britischen Alton Towers und „Superman: Ultimate Flight“ im amerikanischen Six Flags Over Georgia.

Obwohl das Konzept des Flying Coasters zu dem Zeitpunkt immer noch neu war, wirkten die Bahnen von Bolliger & Mabillard von Anfang an „fertiger“, also weniger wie ein Prototyp. Das lag vermutlich daran, dass die Schweizer in den 90er Jahren bereits den Inverted Coaster entwickelt hatten (zu diesem Typ zählt z.B. auch die 2006 eröffnete „Black Mamba“ im Phantasialand). Um jetzt vom Inverted Coaster zum Flying Coaster zu kommen, musste man – zumindest grob – nur die Züge weiterentwickeln. Primär brauchte es neue Haltesysteme und genau wie bei Vekoma einen Klappmechanismus.

Bei den Flying-Anlagen von B&M nehmen die Insassen genau wie beim Inverted Coaster unterhalb der Schiene sowie in Fahrtrichtung Platz und werden vor der Abfahrt nach hinten hochgeklappt. Man ist also sofort in der Flugposition.

Während sich Vekoma weder mit dem „Flying Dutchman“ noch mit einer später weiterentwickelten Version dessen („Stingray“) wirklich durchsetzen konnte, entwickelte Bolliger & Mabillard quasi eine Bahn nach der anderen.

Zamperla entwickelte Kompakt-Flugachterbahn

Während Bolliger & Mabillard (und teilweise Vekoma) den Markt der großen Flug-Achterbahnen bestimmen, konnte sich der italienische Hersteller Zamperla mit einem sehr kompakten Modell durchsetzen. Dieser Flying Coaster mit der Produktbezeichnung „Volare“ hat Grundmaße von gerade einmal 52 x 25 Metern.

Es handelt sich um ein immer wieder nahezu kopiertes Strecken-Layout. Anders als die großen Flying Coaster haben diese Bahnen keine langen Züge, sondern nur einzelne Käfig-artige Wagen für jeweils vier Personen, die nebeneinander drin liegen.

Vekoma meldet sich mit der nächsten Flying-Generation zurück

Man könnte sagen, dass Flying Coaster als große Innovation vor allem in den 2000er Jahren ihre Blütezeit erlebten. Ein Großteil der existierenden Bahnen entstand in den Jahren von 2000 bis 2010. Ab da ging die Nachfrage deutlich zurück.

Vekoma hatte sich mit dem gescheiterten „Dutchman“ ohnehin schon vom Markt verabschiedet, doch auch neue Bahnen vom Platzhirschen Bolliger & Mabillard wurden rar. Zamperla lieferte 2013 die bis dato letzte „Volare“-Bahn aus, die bis dato letzte Bahn von B&M eröffnete 2016 in Japan. Manche Bahnen wurden sogar – obwohl sie noch gar nicht so alt waren – schon wieder abgerissen.

Als das Phantasialand im Juni 2016 dann aber den weltweit längsten Flying Coaster sowie den weltweit ersten Flying Launch Coaster ankündigte, gab es kein Halten mehr. Quasi aus dem Nichts flammte das Thema wieder auf. Und der Hersteller der neuen Achterbahn im Phantasialand sollte kein geringerer sein, als derjenige, der den Flying Coaster einst erfunden hatte: Vekoma.

Seit September 2020 ist „F.L.Y.“ nun in Betrieb und stellt die wahrscheinlich komfortabelste und innovativste Variante eines Flying Coasters jemals dar. Laut dem Phantasialand ist „F.L.Y.“ außerdem der erste Flying Coaster, der seine Bezeichnung auch tatsächlich verdient hat.

Auf der Liste aller bis heute betriebenen Flying Coaster weltweit ist „F.L.Y.“ die Nummer 22 – und man darf gespannt sein, ob Vekoma weitere Bahnen des Next-Generation-Modells bringen wird.

Liste aller Flying Coaster der Welt nach Eröffnungsjahr

Ein paar einst gebaute Flying Coaster wurden bereits wieder abgebaut. In der nachfolgenden Liste finden sich nur die Achterbahnen, die noch in Betrieb sind.

Flying Coaster von Vekoma:

  • 2000 → „Stealth“, California’s Great Adventure (USA) – diese Bahn wurde 2003 abgebaut und 2004 als „Nighthawk“ in Carowinds (USA) wiedereröffnet
  • 2001 → „Batwing“, Six Flags America (USA)
  • 2020 → „F.L.Y.“, Phantasialand (Deutschland)

Flying Coaster von B&M:

  • 2002 → „Galactica“, Alton Towers (Großbritannien)
  • 2002 → „Superman: Ultimate Flight“, Six Flags Over Georgia (USA)
  • 2003 → “Superman: Ultimate Flight”, Six Flags Great Adventure (USA)
  • 2003 → “Superman: Ultimate Flight”, Six Flags Great America (USA) 
  • 2006 → „Tatsu”, Six Flags Magic Mountain (USA)
  • 2006 → „Crystal Wing”, Happy Valley (China)
  • 2009 → „Manta”, SeaWorld Orlando (USA)
  • 2011 → „Starry Sky Ripper”, World Joyland (China)
  • 2015 → „Acrobat”, Nagashima Spa Land (Japan)
  • 2016 → „Flying Dinosaur”, Universal Studios Japan

Flying Coaster von Zamperla („Volare“):

„Volare“ ist ein Zamperla hat ein kompaktes Modell des Flying Coasters entwickelt und mehrfach an verschiedene Parks verkauft. Dementsprechend sind diese Bahnen alle sehr ähnlich.

  • 2002 → „Flying Coaster“, Elitch Gardens (USA) – diese Bahn wurde 2007 abgebaut und 2011 als „Soarin‘ Eagle“ in Coney Island (USA) wiedereröffnet
  • 2004 → “Super Flight”, Playland (USA)
  • 2004 → “Time Warp”, Canada’s Wonderland (Kanada)
  • 2004 → “Volare”, Wiener Prater (Österreich)
  • 2005 → “Trombi”, Särkaniemi (Finnland)
  • 2010 → „Inertia Airplane Car“, Kaeson Youth Park (Nordkorea)
  • 2012 → “Speed Roller Coaster”, Yancheng Chunqiu Amusement Land (China)
  • 2013 → „Hero“, Flamingo Land (Großbritannien)