Eine sichtlich verrottete, benediktinische Kapelle mitten in einem düsteren Wald. Schauplatz eines Rituals, eines Tanzes: Passend am 31.10.2024 eröffnete der niederländische Freizeitpark Efteling seine neueste, rund 35 Millionen Euro teure Attraktion. Der Name: „Danse Macabre“. Das geschmeidige, Musik-synchronisierte Indoor-Spektakel ist eine innovative Weltneuheit und könnte mit seiner ausgetüftelten Gruselstory und Inszenierung atmosphärischer kaum sein. Mehr dazu in diesem Review.
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Spoilerwarnung: Dieser Beitrag geht teilweise tief und detailliert auf die Experience und Einzelheiten bei „Danse Macabre“ ein. Die Abschnitte, die Spoiler enthalten, sind entsprechend markiert. Lass sie am besten aus, wenn du die Attraktion und Fahrt weitestgehend unvoreingenommen erleben möchtest.
Wissenswertes zu „Danse Macabre“
Erfahre mehr über das Fahrsystem, den Hintergrund und die Story hinter der Neuheit und weitere interessante Fakten und Einblicke. (Nur der erste Punkt enthält Spoiler.)
„Danse Macabre“ ist eine weltweit einmalige Attraktion. Es handelt sich um eine „Dynamic Motion Stage“ des Herstellers Intamin. Dieses Fahrsystem besteht aus einem großen Drehteller mit 18 Metern Durchmesser, in den wiederum sechs kleine Drehscheiben eingearbeitet sind. Auf den kleinen Drehscheiben finden sich die Gondeln, die sich optisch an düstere Chorbänke anlehnen. Drei Reihen, 6 Sitze pro Reihe – macht bis zu 18 Personen pro Gondel und 108 Personen pro Fahrt.
Dass sich hier was dreht, erschließt sich von selbst. Doch das Fahrsystem kann noch weit mehr. So ist der einfach mal 25 Tonnen schwere, hydraulische Träger des Fahrsystems in der Lage, die komplette Plattform in nur zwei Sekunden um 3 Meter anzuheben und in einer Sekunde wieder zu senken. Zusätzlich lassen sich die kleinen Gondel-Drehscheiben um plus-minus 5 Grad querneigen, während der große Drehteller sogar um plus-minus 20 Grad quergeneigt werden kann.
Im Kern lässt sich die grundsätzliche Bewegung des Fahrsystems wie die einer Geldmünze beschreiben, die horizontal auf ihrer Kante kreist, kurz bevor sie platt auf dem Tisch liegen würde. Intamin hat den Grundentwurf der „Dynamic Motion Stage“ noch einmal speziell auf das jetzige Konzept und Erlebnis in Efteling ausgerichtet; der niederländische Park und der liechtensteinische Hersteller arbeiteten eng zusammen.
„Danse Macabre“ ist ein Family-Thrill-Ride mit immersiver Showtechnik; ein schauriges Spektakel voller düsterer Wendungen im gruseligsten Themenbereich von Efteling.“
Efteling
Ach ja: So unheilvoll „Danse Macabre“ auch erscheint: Überschläge sind mit dieser Attraktion nicht drin, also kannst du unbesorgt sein. Auch die Drehung ist überaus moderat, also nicht zu extrem. (Ich konnte „Danse Macabre“ ohne flauen Magen super ab, obwohl ich bei drehenden Attraktionen normalerweise schnell raus bin.)
„Danse Macabre“ ist inspiriert von der gleichnamigen sinfonischen Dichtung von Camille Saint-Saëns aus dem Jahr 1874. Und dass an genau dieser Stelle des Freizeitparks eine Gruselattraktion nach genau dieser musikalischen Vorlage entstanden ist, kommt nicht von ungefähr:
Bevor an dieser Stelle der schaurige doch beinahe romantische Themenbereich „Huyverwoud“ zusammen mit der klosterähnlichen Kapelle und der Fahrattraktion entstand, fand man hier 44 Jahre lang das Efteling’sche „Spookslot“. Bei seiner Eröffnung im Jahr 1978 war es Medienberichterstattung zufolge das größte Spukhaus der Welt und Eftelings erste Attraktion abseits des Märchenwalds – eine immersive Walkthrough-Attraktion mit einer schaurigen, Musik-synchronisierten Animatronic-Show. Und dreimal darfst du raten, zu welcher Musik die Show synchronisiert war…
Richtig: „Danse Macabre“.
Efteling und das Musikstück „Danse Macabre“ sind also schon seit mehr als vier Jahrzehnten eng miteinander verbunden (und sind es auch weiterhin). Sogar das „Spookslot“ lebt, obwohl es im September 2022 geschlossen und anschließend abgerissen wurde, gewissermaßen weiter:
Einerseits hat man viele Requisiten aus dem „Spookslot“ sorgsam entfernt, aufbereitet und in der neuen Attraktion wiederverwendet. Andererseits basiert „Danse Macabre“ auf vielen unrealisierten Skizzen und Ideen des damaligen „Spookslot“-Designers und langjährigen Efteling-Kreativdirektors Ton van de Ven, der 2015 verstarb und auf diese Weise noch einmal besonders geehrt wird.
Und auch die Grundidee einer musikalisch untermalten Zeremonie – eingeleitet von den zarten doch schneidenden Klängen einer Violine – wird immersiver und spektakulärer denn je weitergeführt. Um der Musik die Dramatik und Wucht zu verleihen, die „Danse Macabre“ als Attraktion auch voraussetzt, hat der Komponist René Merkelbach eine neue Version des berühmten Stücks produziert. Efteling hat dieses Werk dann von einem Orchester mit 75 Musikerinnen und Musikern einspielen lassen. Das war das größte Orchester jemals, das an einem Efteling-Soundtrack beteiligt war.
„It’s time to free the ghost in me, possessed with this beautiful melody“: Neben dem eigentlichen „Danse Macabre“-Soundtrack kooperierte Efteling auch mit der 2002 gegründeten Symphonic-Metal-Band Epica. Die Band zählt zu den erfolgreichsten internationalen Exporten der niederländischen Metal-Szene. In ihrer Musik fließen zwei Welten zusammen: Auf der einen Seite symphonische Elemente und die glasklare, klassisch ausgebildete Stimme von Sängerin Simone Simons – auf der anderen Seite schnelle, kraftvolle Metal-Sequenzen und das knallharte Growling des Gitarristen Mark Jansen.
Efteling gab der Band bereits früh Einblick in die Storyline, woraufhin Epica den Song „The Ghost in Me“ produzierte. Die Lyrics des Songs bauen auf dem Narrativ der Attraktion auf und die zentrale Melodie des Refrains orientiert sich an Saint-Saëns. Das Musikvideo, das am 24.10.2024 exklusiv auf YouTube veröffentlicht wurde, drehte man direkt im Freizeitpark, größtenteils vor und innerhalb der neuen Attraktion.
“Since childhood, we’ve been captivated with “Danse Macabre” by Saint-Saëns as a soundtrack of Efteling’s haunted house, “Spookslot”. So when they announced their new plans for the ghostly attraction, “Danse Macabre”, we thought: Why not combine our symphonic side with the ‘scary’ side of metal and do our version of this epic classical piece? We’re so happy that Efteling trusted our vision and gave their full support, providing us with the new ride’s storyline, so we could write lyrics fitting the fantastic narrative and adding a new chapter.”
Epica
Zum Zeitpunkt der Eröffnung von „Danse Macabre“ hatte das Musikvideo zu „The Ghost in Me“ bereits über 400.000 Aufrufe. Auch angesichts dessen, dass es so eine Kooperation zwischen Freizeitpark und Metalband noch nie gab, ist das Lied und die Aktion etwas wahrlich Besonderes. Außerdem zeigt sich auch hier wieder eine Parallele zum ehemaligen „Spookslot“, wo doch einst Teile des Musikvideos zu „Wuthering Heights“ von Kate Bush gedreht wurden.
Davon ab deutet alles darauf hin, dass „The Ghost in Me“ Teil eines neuen Epica-Albums sein wird. Vor dem YouTube-Release feierte der Song bereits am 20.09.2024 seine Live-Premiere in Amsterdam.
Das „Spookslot“ war eine Attraktions-Ikone in Efteling und der einzige Ort, an dem man sich auf Efteling-Art gruseln konnte. Und jetzt mit „Danse Macabre“ lässt es sich vielleicht noch viel mehr gruseln als je zuvor. Denn Efteling hat nicht nur die Attraktion an sich gebaut und sie in dieses beeindruckende, 20 Meter hohe Klostergebäude eingehaust, sondern hat dieses Gebäude wiederum in einen komplett neuen Themenbereich eingebettet.
Der Name des Themenbereichs: „Huyverwoud“, zu Deutsch „Schauderwald“. Das etwa 17.000 Quadratmeter große Areal spiegelt eine verlassene, ruinös-abgebrannte Abtei in einem düsteren Wald wider. In Sachen Optik hat sich Efteling unter anderem auch von echten, mittelalterlichen Abteien in Belgien inspirieren lassen – Villers-la-Ville, Aulne und Orval.
Neben verschiedenen Themenobjekten wie der Drehorgel „Esmeralda“, dem Kabinett der Vermissten und allerhand Grusel- und Mystery-Dekoration wartet der „Huyverwoud“ auch noch mit verschiedenen Verkaufsstellen auf.
- Im „Koetshuys“ werden verschiedene Popcorn-Variationen und Zuckerwatte verkauft.
- In der Taverne „In den Swarte Kat“ – wie ein kleiner Kiosk mit SB-Kassen gemacht – gibt’s eine Auswahl an süßen und herzhaften Snacks sowie Kalt- und Heißgetränke. Darunter sind auch „Huyverwoud“-Specials wie das „Abtei-Zupfbrot“, der „Kesselkuchen“ oder der „Blutsaft“ erhältlich.
- Im Souvenirshop „Dr. Charlatans Kwalycke Zaken“ findest du von Plüschkatzen über Magneten, Pins, Schlüsselanhänger und Kleidung bis hin zu Kerzenständern allerhand cooles und qualitativ hochwertiges Merchandise.
Was wäre eine Efteling-Attraktion, wenn sie nicht mit einer aufwändigen Story verbunden wäre? Tatsächlich: Gerade bei den neueren Darkrides und Achterbahnen tauchen die Gäste des Freizeitparks immersiv in einen ausführlichen Plot ein. Und so erzählt auch „Danse Macabre“ eine Geschichte, die im Rahmen der Baudokumentation zu „Danse Macabre“ nach und nach enthüllt wurde. Es ist die Geschichte von Otto und Virginie Charlatan und ihrer außergewöhnlichen Drehorgel „Esmeralda“.
Wir reisen in der Zeit zurück: Es war Virginies Großvater Joseph Charlatan, der einst als Dirigent an einem berühmten Musikwettbewerb teilnahm, doch dann mitsamt dem Orchester spurlos vom Erdboden verschwand. Auf der Suche nach einer Erklärung für das mysteriöse Verschwinden zogen Virginie und Otto, geleitet von „Esmeralda“, quer durch die Welt, ehe sie sich im unheilvollen „Huyverwoud“ niederließen. Ohne genau zu wissen, weshalb sie ausgerechnet hier landeten, begeben sie sich auf die Suche und werden bald mit der bösen Vergangenheit des Waldes konfrontiert, dem Spuk, dem Unaussprechlichen.
Nacht für Nacht hören Otto und Virginie ein mysteriöses Musikstück, das aus der Ferne ertönt und sie Neugier-entfachend in den schwarz-nebligen Wald lockt. Dort stoßen sie zunächst auf das Grab des alten Charlatan, ehe sie in einer einst abgebrannten Taverne weilen und dort auch Aufzeichnungen von ihm finden.
In den Aufzeichnungen schreibt Joseph Charlatan persönlich über die finstere Wirkung des Stücks, das er bei dem Wettbewerb aufführte – den „Danse Macabre“, der die Untoten weckt und das Grauen auslöst. Virginie und Otto wird klar: das ist die Geschichte hinter dem Verschwinden des Großvaters und der Grund, warum sie von der Drehorgel nach „Huyverwoud“ geführt wurden.
Virginie beginnt, schützende Kräutertränke zu brauen. Otto setzt sich indes näher mit Josephs Aufzeichnungen auseinander. Und noch während er das tut, wird er vom Schatten des Bösen heimgesucht und befallen. Otto wird krank und schließlich von einem unmenschlichen Wesen in den Wald verschleppt. Virginie eilt hinterher, bis sie auf die alte Kapelle stößt, diese misstrauisch betritt und die ganze Dunkelheit erfährt, die sich in der Ruine abspielt.
Die Untoten tanzen darin, begleitet von schauriger Violine und Orchester, noch immer den düsteren Totentanz – dirigiert vom Geist des alten Charlatan. Und sie sind bereit, auch Virginie in ihren Kreis aufzunehmen.
Eine Teilmission bei der Entwicklung der neuen Attraktion und des Themenbereichs bestand darin, beides für jede Zielgruppe des Freizeitparks so zugänglich und barrierefrei wie möglich zu machen. Efteling ließ sich von verschiedenen Organisationen beraten, etwa von einer Stiftung für Menschen im Rollstuhl, einer Stiftung für Menschen mit Seh- und Hörbehinderung und der niederländischen Autismus-Gesellschaft. Ebenso wurden Experten herangezogen, um die insgesamte Gruselerfahrung kindgerecht zu machen (ab 8 Jahren).
Im Ergebnis ist der gesamte Wartebereich auch für Menschen im Rollstuhl zugänglich. Der Einstieg in die Attraktion ist möglich, solange man in der Lage ist, etwa 13 Meter zu gehen und sich im Falle einer Evakuierung eigenständig in Sicherheit zu bringen. Wenn das nicht möglich ist, gibt es einen alternativen Raum mit einer Show, die parallel zur Fahrt mit Bild, Ton und Spezialeffekten abgespielt wird. Für Menschen mit einer Seh- oder Hörbehinderung wurde beim Kabinett der Vermissten (mit Hintergrundgeschichten zu den einst verschollenen Musikerinnen und Musikern) außerdem niederländische Gebärdensprache und Blindenschrift integriert.
Auch in Sachen Nachhaltigkeit hat man bei „Danse Macabre“ auf viele Details geachtet. Beispielsweise setzt man bei der Lichttechnik mit 600 Beleuchtungskörpern auf LED und hat die Attraktion an den thermischen Energiespeicher des Efteling-Bereichs „Anderrijk“ angeschlossen. Das Gebäude wird also wie alle anderen Einrichtungen in dem Parksektor gasfrei beheizt. Zusätzlich nutzt man die Abwärme der Attraktion, um das Einfrieren des „Aquanura“-Teichs im Winter zu verhindern.
Davon ab ist auch die Kleidung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Themenbereich nachhaltig. Sie besteht aus teilweise recycelten und aufbereiteten Materialien von alten Efteling-Uniformen.
Einblick: Ein Schattenwesen baut sich auf (Spoiler)
31.10.2024, Efteling. 13 Uhr. Etwas über 180 Minuten und eine Warteschlange bis fast zurück zum Parkeingang liegen hinter uns, als wir jetzt das einer Ruine gleichkommende Kapellgebäude von „Danse Macabre“ betreten. Die erste Fahrt auf dieser Neuheit steht bevor. Der Weg führt uns nach rechts und dann nach links in einen dunklen Vorraum.
Chapter 4.
Was sich hinter der gerade noch verschlossenen Tür vor uns verbirgt, können wir uns denken: die monumentale Rotunde dieser Kapelle. Das innere Herzstück dieses Gebäudes, das einst bestimmt überaus prunkvoll war doch jetzt arg heruntergekommenen ist. Der Ort, in dem wir gleich an diesem besonderen, schaurig-zeremoniellen Spektakel teilhaben werden. Hören können wir von da drinnen rein gar nichts.
1 bis 2 Minuten verstreichen.
Dann öffnet sich die Tür und wir treten ein.
Eine stumm und wie von einem Fluch befallene, finster dreinschauende Gestalt weist uns eine Reihe auf der Chorbank zu und bereitet uns auf die Zeremonie vor. Sie hat bleiche Haut, schicke doch alt erscheinende Kleidung und einen leer-bedrohlichen Blick. In ihrer Hand hält sie eine sacht orange leuchtende Laterne hoch.
Und auch abseits der Laterne ist der Raum nur spärlich beleuchtet. Nur wenige Details sind erkennbar. Etwa das kühl-goldene Pfeifenwerk einer Orgel an der Wand gegenüber. Oder die mittig platzierte Schale, in der sich weitere Musikinstrumente häufen. Und natürlich die sechs Chorbänke, die von je einem schwachen Spot angestrahlt werden.
Die Schoßbügel sitzen.
Wir hören das sanft-niedliche Miauen einer Katze, ehe die dunklen Gestalten den Raum verlassen. Mit je einem Rumms erlöschen die einzelnen Spots, die die entsprechende Chorbank zuvor beleuchtet haben. Es wird dunkel. Noch einmal ein zaghaftes Miauen und ein Geräusch, als würde die Katze über die Saite eines Streichinstruments stolpern.
Dann plötzlich ein Blitzschlag.
Dunkelheit.
Grollen.
Die Katze scheint sich zu verwandeln – in ein Geschöpf, ein Biest, ein Ungeheuer, das sich in der Mitte vor uns aufrichtet und sich stampfend in Bewegung setzt. Es ist stockduster. Der Boden unter dem Chorgestühl bebt und wackelt mit jedem Schritt. Überraschend: Das Biest scheint sich zu entfernen, scheint das Gemäuer zu verlassen.
Doch sind wir sicher?
Einen kurzen Moment ist es still. Dann plötzlich ein kraftvoller, lauter Akkord aus der Orgel. Vor ihr schwebt ein Geist, der bis vorhin noch nicht da war. Langes, schüttes Haar. Weißes, zerfetztes Gewand. Ein Taktstock in der Hand. Es muss der alte Joseph Charlatan sein, der Dirigent, der einst bei einer Aufführung vom Erdboden verschwand und an dessen Grab wir draußen noch vorbeiliefen.
Charlatan gibt den Takt vor und sogleich stimmen die schneidenden Klänge einer Violine „Danse Macabre“ an. Es ist ein Stück im lockeren Drei-Viertel-Rhythmus, das Mysteriöses bewirkt. Denn auf einmal setzen sich der Boden und die Chorbänke drehend, kippend, hebend und fallend in Bewegung – der Musik sowohl schmeichelnd als auch folgend.
Wir erleben Intamins „Dynamic Motion Stage“ in Aktion. Und es ist schön, einfach schön. So schön sogar, dass wir – das „Publikum“ – am Ende wie bei einem echten Konzert Beifall klatschen. Und manche haben sogar feuchte Augen.
Review: „Danse Macabre“ ist eine Experience wie keine andere (Spoiler)
Die Atmosphäre ist gewaltig – und so ist Efteling mit „Danse Macabre“ eine Spitzenneuheit gelungen. Eine Attraktion, die es vom Fahrsystem und auch von der Idee und Machart her nirgends sonst gibt. Manche bezeichnen „Danse Macabre“ als einen Darkride, manche als einen Thrill-Ride und wieder andere einfach als einen Indoor-Flat-Ride. Dass es keinen klaren Begriff zu geben scheint, auf den sich alle einigen, sagt aus, wie speziell „Danse Macabre“ als Attraktion, als Fahrsystem, als Experience ist.
Der Türöffner für eine neue Kategorie namens „Show-Ride“?
Ich persönlich würde „Danse Macabre“ als einen „Show-Ride“ bezeichnen. Es ist ein Begriff, der bis dato auf kaum eine Attraktion anwendbar ist, hier aber meiner Meinung nach zu 100 % passt und kurz sowie treffend aussagt, was „Danse Macabre“ unterm Strich ist. Nämlich die top-notch-Kombination aus Fahrgeschäft und Show.
Klar könnte man „Danse Macabre“ auch als einen Darkride in neuer, innovativer Form beschreiben. Aus meiner Sicht ist das aber dran vorbei. Unter einem Darkride verstehe ich eher die gemächliche Fahrt durch verschiedene Räume vorbei an diversen aufwändigen Szenen, die insgesamt eine zusammenhängende Geschichte erzählen. „Symbolica“ ist ein klassischer Darkride, „Fata Morgana“ ist ein klassischer Darkride, aber „Danse Macabre“ ist davon nun wirklich sehr weit entfernt. Da müsste die Definition schon sehr stark gedehnt werden.
Ebenso könnte man die Attraktion als Thrill-Ride bezeichnen. Doch auch dieser Begriff passt nur teilweise. Die Schlusssequenz ist mit etwas wilderen Drehungen und dem Drop zwar tatsächlich einigermaßen thrillig. Auch der Anfangsmoment, als sich die Katze in das Ungeheuer verwandelt und man sich in dieser Atmosphäre aus Dunkelheit, bedrohlichem Sound und bebenden Boden wiederfindet, kann annähernd als thrillig bezeichnet werden. Überwiegend verhält sich die „Dynamic Motion Stage“ aber relativ zahm und moderat. Und das ist eben definitiv anders als bei einem „Tower of Terror“, einem Breakdance oder gar einem „Talocan“. Auch die Show enthält bis dato recht wenig Actiongeladenes, was den Thrill-Faktor erhöhen könnte.
Die Bezeichnung „Show-Ride“ beschreibt die Experience dagegen gut. Es ist ein schlicht beeindruckendes, theatralisches und uniques Gesamterlebnis aus dem, was das Fahrsystem tut, und dem, was währenddessen drumherum passiert. Es ist – und dieses Wort habe ich jetzt schon mehrfach verwendet – wie eine Zeremonie, die mit den ersten Violinen-Klängen beginnt und mit den beiden Schlussakkorden des Orchesters endet. Und mir fällt beim besten Willen keine andere Freizeitpark-Attraktion ein, die in irgendeiner Form vergleichbar ist.
Die Frage, die sich mir stellt, ist nur: Was für eine Zeremonie ist das jetzt genau?
Sehr gelungene Inszenierung – aber trotzdem etwas Luft nach oben
„Danse Macabre“ hat schon jetzt Weltklasse-Niveau, vor allem, wenn man bedenkt, dass das jetzt die Opening-Version ist, sozusagen der erste Entwurf, der in Zukunft sicher noch die ein oder andere Iteration erfahren und dann noch besser werden wird. Und vielleicht geschieht das gerade mit Blick auf die Show. Denn: So gut, wie das alles jetzt bereits ist: Es finden sich Fragezeichen und Ungereimtheiten.
Was ich meine: Wir reden hier über den „Totentanz“, der sich im Innern abspielt. Die Warteschlange und der Themenbereich „Huyverwoud“ haben einen grau-düsteren Charakter, gerade mit dem Friedhof, den Totenköpfen und den Mönchsgesängen im Kreuzgang. Obendrauf kommt die Geschichte rund um Otto und Virginie Charlatan, die im Zuge der Baudokumentation erzählt wurde und deren Plot geradezu finster war.
ABER: Wo sind denn jetzt die Toten bei diesem „Totentanz“? (Sind wir es?) Und wo sind die Charlatans und ihre Geschichte? Und wo ist dieses Grau-Düstere, wo ist „das Unaussprechliche“? (Ist es die sich verwandelnde Katze?)
Die Anfangssequenz mit dem Ungeheuer ist gewiss noch gruselig. Doch seltsamerweise stampft das Viech davon und was dann anschließend passiert, ist eher von bunten Lichtern und mysteriös-märchenhaften Kuriositäten geprägt. Schunkelnde Balustraden…, eine grüne Geistergeige…, einige originelle Animatronics. Die Show hat sehr viel nostalgisch-schönen „Spookslot“-Charme und die Hommage ist dementsprechend gelungen. Statt düster zu wirken, hat es aber einen eher magischen, eher fröhlichen, eher romantisch-gruseligen Charakter.
Was ich damit ausdrücken möchte: Das Erlebnis weicht nach meinem Empfinden von der Erwartungshaltung ab. Und: Irgendwie hätte ich mir ein knallenderes Finale gewünscht:
Um den Bogen zurück zum Anfang zu spannen, scheint das Ungeheuer am Ende kurz vor dem Drop zurückzukehren, nimmt dann aber deutlich weniger atmosphärischen Raum als noch am Anfang ein. Ein (aufkommendes) Gewitter hinter den Fenstern, generell intensivere Lichteffekte beim Drop oder vielleicht sogar eine Schattenprojektion könnten die Atmosphäre hier enorm stärken noch mehr aus dem Finale rausholen. Auch der kraftvolle Schlussakkord beim Drop dürfte mit nachhallendem Donner noch ein paar Sekunden länger ausklingen, bevor dann die letzten wieder ruhigen Töne einsetzen und sich der Drehteller in Ausgangsposition fährt.
Aus meiner Sicht würde es so noch runder werden. Unterm Strich ist es aber der einzige Aspekt, der bei „Danse Macabre“ wirklich verbesserungswürdig auffällt – denn ansonsten gibt’s bei dieser Neuheit rein gar nichts zu meckern. (Gut, das etwas unangenehme Fiepen des Fahrsystems, das dauerhaft zu hören ist, könnte man sich vielleicht auch noch mal anschauen.)
In jedem Punkt ein in Perfektion durchdachtes und umgesetztes Erlebnis
35 Millionen Euro hat Efteling in die Attraktion und den Themenbereich „Huyverwoud“ gesteckt und es damit auf so vielen Ebenen geschafft, ein Feuerwerk an Eindrücken zu zünden.
Die Kulisse rund um das Fahrsystem, von der ich anhand der Artworks dachte, dass sie wenig dynamisch sei, macht sich super. Der Freizeitpark hat sich bewusst entschieden, mit kleinen animatronischen Szenen, viel fester Baustruktur und Pepper-Ghost-Effekten zu spielen, statt vielerlei Videoscreens oder Ähnliches zu installieren. Und trotz dass die Kulisse wenig Dynamik zulässt, ist das Gesamterlebnis cool und abwechslungsreich.
Ebenso beeindruckt war ich von dem Soundsystem. Was da im Inneren der Kapelle wahrzunehmen ist, ist wahrlich der Inbegriff von „Surround-Sound“. Das betrifft zwar das ganze Areal, aber Efteling hat einfach mal 64 Lautsprecher – davon 53 Top-Lautsprecher, 10 Subwoofer und einen Ultra-Subwoofer – installiert, die eine glasklare und herrlich kraftvolle Soundkulisse erzeugen. Sowohl die Horrorsequenz als auch der Soundtrack werden darüber in bester Qualität wiedergegeben.
Und auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern war ich beeindruckt. Gerade das Detail, das sie allesamt in eine düstere Rolle schlüpfen, statt einfach nur abzufertigen, macht sehr viel aus. Die Abfertigung ist aber trotzdem exzellent: „Danse Macabre“ kann bis zu 108 Personen pro Fahrt mitnehmen, wodurch eine Kapazität von bis zu 1.253 Personen pro Stunde erreicht wird. Und das, obwohl die Fahrt rund 4 Minuten dauert und für das Be- und Entladen noch entsprechende Minuten dazukommen.
Einen großen Beitrag zu dieser Kapazität leistet auch der Aufbau der Attraktion und die Menge an Personal. Statt dass alle 108 Fahrgäste durch einen breiten Eingang in den Innenraum strömen und sich dann auf die Chorbänke verteilen, hat jede Chorbank ihre eigene Tür, vor der sich jeweils höchstens 18 Leute einfinden. Chapter 1 bis 6. Das Personal weist den wartenden Leuten das Chapter zu und arbeitet dabei sogar mit einer App, um möglichst alle verfügbaren Sitze schnell und effizient zu besetzen. Wenn man zum Einstieg gelangt, hat jede Gondel eigenes Personal, das die Reihe zuweist.
Ich könnte noch ewig so weitermachen 🙂 Aber du verstehst sicher, worauf ich hinaus möchte. „Danse Macabre“ bewegt sich auf einem sehr hohen Niveau und Efteling ist um eine Attraktion reicher, die abermals an allen Ecken und Enden abräumt.
Dementsprechend:
Lohnt es sich, für „Danse Macabre“ einen Efteling-Besuch einzuplanen?
Ja, definitiv. „Danse Macabre“ dürfte mit weitem Abstand die beste Nicht-Achterbahn-Neuheit sein, die 2024 eröffnet hat. Es ist eine Neuheit, die du so in der Form noch nicht erlebt hast, und eine Experience, die sich weit von dem abhebt, was man sonst kennt. Es ist nicht krass spektakulär und es ist auch nicht purer Thrill, aber es ist sicher eine einmalige Experience, die sehr, sehr weit vorne mitspielt und zurecht über jedes Review hinweg in den höchsten Tönen gelobt wird.
Meine erste Fahrt war noch so „Hm, ja ok“. Nach der zweiten Fahrt wurde mir klar, dass Efteling mit „Danse Macabre“ und der Idee dahinter eine der wirklich stärksten Indoor-Attraktionen Europas geschaffen hat. Und das ist vor allem dahingehend beachtlich, als dass es sich hier um einen vergleichsweise sehr speziellen Prototypen handelt. „Danse Macabre“ muss wirklich – gar nicht anders möglich – von 0 an auf einem weißen Blatt Papier entstanden sein. Man war innovativ, man hat um die Ecke gedacht, man hat Wege der Inszenierung gefunden, auf die man erst mal kommen muss.
Das, was du nunmehr in Efteling erleben kannst, ist eine neue Definition für die zeitgemäße Verschmelzung von Ride, Story, Show und Effekten. Und es macht sehr große Lust auf mehr: Dahingehend, was Efteling jetzt noch an Iterationen vornimmt, und dahingehend, welche anderen Freizeitparks sich vielleicht in Zukunft ebenso für die „Dynamic Motion Stage“ von Intamin entscheiden und was sie wiederum draus machen. Intamin hat mit dem auf Immersion ausgerichteten Fahrsystem jedenfalls eine sehr interessante und dem Zeitgeist entsprechende Idee in den Raum gestellt. Und wer weiß, zu was das Fahrsystem noch in der Lage ist, was Efteling vielleicht gar nicht abschöpft.
Ich kann dir schlussendlich nur empfehlen, nach Kaatsheuvel zu fahren: „Danse Macabre“ ist es Wert und Efteling als einer der besucherstärksten Freizeitpark Europas sowieso. An Wochenenden und in den Ferien wird mit hohen Wartezeiten zu rechnen sein. Unter der Woche und außerhalb der Ferien scheinen sie sich momentan bei 50 bis 60 Minuten einzupendeln. Das lohnt sich.
Näheres zum Freizeitpark und Tickets findest du auf der Website von Efteling. Ich wünsche dir viel Spaß beim Erleben, Tanzen, Eintauchen.