Schwur des Kärnan im Hansa-Park – schnellste Achterbahn Deutschlands

„Der Schwur des Kärnan“: Krasse Achterbahn mit tiefer dänisch-hanseatischer Story

Hoch. Schnell. Kraftvoll. „Der Schwur des Kärnan“ ist aus meiner Sicht eine der besten Achterbahnen Deutschlands, vielleicht Europas. Schon allein die Daten und Fakten sprechen dafür. Was mich aber am allermeisten beeindruckt, ist die Story und Inszenierung des 2015 eröffneten Hyper-Coasters. Fahrgäste tauchen während der Fahrt und schon im Wartebereich tief in die Historie Dänemarks, Schwedens und der Hanse ein. Was hat es mit der Hintergrundstory auf sich? Und was sind die Rekorde der Bahn?

ACHTUNG: TEXT ENTHÄLT SPOILER.

Höhe: 73 Meter
Höchste Abfahrt: 67 Meter (Höchste Achterbahn Deutschlands zusammen mit „Silver Star“)
Geschwindigkeit: Max. 127 Stundenkilometer (Schnellste Achterbahn Deutschlands zusammen mit „Silver Star“)
Länge: 1.235 Meter
Rückwärtsfreifall: Aus 60 Metern Höhe in absoluter Dunkelheit
Geht’s überkopf? Ja, Heartline-Roll.
Hersteller: Gerstlauer Amusement Rides
Herstellermodell: Infinity-Coaster
Achterbahntyp: Hyper-Coaster (ab 61 bis 91 Meter Höhe)

Quelle: Roller Coaster Database

Turmfahrt mit einem Hauch von Mystery

„Ein Bündnis geschmiedet, aufs Leben geschworen;
ein Bann, der uns bindet, für immer verloren.“

Immer wieder von vorn skandieren die 40 Sängerinnen und Sänger eines Chors diese zwei Verse im epischen „Kärnan“-Soundtrack von IMAscore. Zuerst nur bedrohlich zischend, dann immer lauter und schließlich beinahe brüllend. Sie sprechen Silbe für Silbe, begleitet von stakkatoartig raunenden Kontrabässen und anderen Streichern, die einen hektischen Dreivierteltakt vorgeben. Sowohl die Instrumentalisten als auch der Chor betonen jeweils den ersten Taktschlag und erschaffen so die Atmosphäre eines düster stampfenden Wiener Walzers.

Senkrecht hinauf bis auf fast 73 Meter

Inmitten dieser Tonkulisse zieht es dich auf dem Rücken liegend senkrecht den Lifthill des „Kärnan“ hinauf. Um dich herum ist es stockduster. Du bist im Turm. In dem Turm, den du schon von der Autobahn aus sehen konntest. Zugegeben allerdings: Vom Highlander sieht der Turm des Kärnan wiederum klein aus.

Weil der rabenschwarze Schacht bis auf die massive Stahl-Konstruktion der Achterbahn hohl ist, entsteht ein bedrohlicher Hall. Die dicken Betonwände werfen die Stakkato-Streicher und den Chor wild umher. Das Echo vermischt sich mit dem düster und schnell ratternden Kettenlift.

Es ist, als würdest du einer Gefahr näherkommen. Und tatsächlich: Hoch oben, kurz vor der Überfahrt der Kuppe, bleibt der Zug mit seinen vier Waggons in der senkrechten Position stehen. Du wartest. Die Musik baut sich weiter auf.

Ein letzter Durchgang:

„Ein Bündnis geschmiedet, aufs Leben geschworen;
ein Bann, der uns bindet, für immer verloren.“

Rückwärtsfreifall mit bis zu 11 Metern pro Sekunde

Das letzte Wort verhallt. Plötzlich lösen sich die Bremsen. Der tonnenschwere Zug fällt mit bis zu 11 Metern pro Sekunde rückwärts zurück gen Boden. Dort fangen ihn sanfte Magnetbremsen auf.

Während dir das Adrenalin durch die Venen schießt, verweilst du einen kurzen Moment in der immer noch auf dem Rücken liegenden Position. Danach haken sich die vier Waggons wieder in die Kette des Lifts ein und fahren erneut empor. Die mystische Musik wechselt dabei zu einem heroischen Soundtrack wie bei „Herr der Ringe“.

Diesmal fährst du über die Kuppe – und so beginnt die eigentliche Achterbahn-Action. Kaum aus der Senkrechten des Lifts heraus, erwartet dich mit der höchste und schnellste Drop aller Achterbahnen Deutschlands. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 127 Stundenkilometern rast du 67 Meter senkrecht Blick-voran in einer Rechtsdrehung in die Tiefe und aus dem Turm heraus. Der „Silver Star“ im Europa-Park hat ebenfalls eine 67-Meter-Abfahrt mit bis zu 127 Sachen. Daher teilen sich beide den ersten Platz der Deutschlandrekorde.

Für mich ist der Abschnitt im Turm eines der großen Highlights beim „Kärnan“, wobei der Soundtrack inzwischen aber gewichten ist. Hoch oben hängend ertönt nur noch eine raunende Männerstimme und keine Musik mehr. Trotzdem erzählt der Hansa-Park mit all dem noch die gleiche Geschichte. Was hat es also auf sich mit der düsteren Atmosphäre?

Der Schwur des Kärnan im Hansa Park Hyper Coaster

Der Schwur des Kärnan – Historischer Kontext

Die Sage um die verlorene Seele des Dänenkönigs Erik Menved

Durch den Hall und die ratternde Kette ist es schwer, jedes einzelne Wort der ernsten Stimme zu verstehen. Die letzten Worte aber sind klar und deutlich: Der Mann raunt bedrohlich, dass er „bis auf alle Ewigkeit an den Turm gefesselt“ sei. Genau wie mit den Zeilen des Soundtracks spielt der Hansa-Park auch hiermit auf eine skandinavische Sage an.

Der „Schwur des Kärnan“ dreht sich um den echten Kärnan, einen mittelalterlichen Festungsturm in Helsingborg. Historischen Befunden nach soll es der Dänenkönig Erik Menved gewesen sein, der den Turm erbauen ließ. Er ist auch die Kernfigur in der Story der Achterbahn.

Menved war gerade einmal zwölf Jahre alt, als er den dänischen Thron im Jahr 1286 einnahm. Seine Herrschaft war in erster Linie von Revolten und militärischen Konflikten im Ostseeraum geprägt. Der Kärnan (dänisch: „Kernen“) entstand mit dem Wunsch des Anführers, eine „uneinnehmbare Festung“ zu besitzen.

Der Baumeister konnte ihm der Sage nach allerdings nur zusichern, dass die Festung „nahezu uneinnehmbar“ sein würde. Weil Menved das nicht reichte, sagt man, dass er auf finstere Magie zurückgriff und einen Schwur auf sein Leben leistete.

Während er den Schwur aussprach, schien es, als würden seine Seele und sein Körper in den Turm übergehen. Das erklärt die Aussage und Soundtrack-Verse. Kurz nachdem Menved den Schwur geleistet hatte, starb er im Jahr 1319. Sein Geist soll noch heute wie ein Schutzpatron im Kärnan ruhen und über ihn wachen.

Doch Sage hin oder her: Was hat das mit dem Hansa-Park zu tun? Immerhin setzt sich der Freizeitpark in Sierksdorf mit Hintergründen und Kulissen der Hansezeit auseinander. Jetzt ist Helsingborg aber keine Hansestadt und mit Dänemark hatte die Hanse auch nichts zu tun. Oder doch?  

Machtkampf zwischen der Hanse und den Dänen

Womit assoziierst du Dänemark heute? Sicher mit Dünen, bunten Ferienhäusern und „Sommerländern“, oder? Doch auf all das deutete vor 600-700 Jahren noch nichts hin. Die heute parlamentarische Monarchie war damals noch ein viel größeres nordisches Reich mit absoluter Herrschaft über den Ostseeraum. Und da sind wir auch schon bei der Hanse: Denn mit der Ostseeherrschaft hatten die Dänen das, was die Hanse brauchte, um ihren Einfluss zu vergrößern.

Als der Kärnan erbaut wurde, gehörte Helsingborg noch zu Dänemark. Erst 1658 ging die Stadt am Öresund mit dem Frieden von Roskilde an Schweden über. Die „Kernen“-Festung sollte die reale Autorität des Königreichs demonstrieren. So war Helsingborg auch der Schauplatz diverser Auseinandersetzungen mit „den Lübeckern“.

Echter Kärnan in Helsingborg
Kärnan-Original // Quelle: Dzmitry Dudov / Unsplash

Showdown im Öresund & Sundzoll

Zu den wesentlichen Konflikten kam es in den Jahren 1362 und 1367.

1361 hatte Dänemark unter der Führung von Waldemar IV. Atterdag die schwedische Insel Gotland überfallen und vor den Toren der Hansestadt Visby ein Blutbad angerichtet. Dafür wollte sich die Hanse rächen und versuchte, Helsingborg zu belagern. Beim ersten Mal blieb man erfolglos und wurde von den Dänen zurückgedrängt. Beim zweiten Mal hatte man mehr Erfolg, wobei jedoch der Flottenkommandant starb.

Endgültig bezwingen konnte man das Königreich erst mit dem Frieden von Stralsund 1370. An der Feindschaft änderte das aber nichts. Sie dauerte noch Jahrhunderte an – auch wegen des Sundzolls, den Dänemark ab 1425 für die Durchfahrt des Öresunds erhob.

Der Nord-Ostsee-Kanal existierte damals noch nicht und so war der Öresund praktisch die einzige Handelsroute in die Ostsee rein und wieder raus. Weil natürlich auch die Hanse-Schiffe für ihre Durchfahrten blechen mussten, war der Sundzoll die wahrscheinlich schlauste Rache, die Dänemark der Hanse gegenüber gewaltfrei hätte nehmen können. „Wenn schon nicht der Ostseeraum und die Macht, dann wenigstens das Geld.“   

Große Detailverliebtheit – So stellt der Hansa-Park den Bann dar

All diese historischen Hintergründe beweisen, wie weit der Hansa-Park in Sierksdorf geht, um bei der Thematisierung den Bezug zur Hanse herzustellen. Beim „Schwur des Kärnan“ geht es aber weniger um die Historie selbst, sondern um die Sage Erik Menveds. Damit zurück zur tatsächlichen Story der Achterbahn, die vom süddeutschen Hersteller Gerstlauer entwickelt wurde:

Kärnan Hansa-Park Achterbahn Panorama

Das Kärnan-Museum

„Kärnan“ ist ein Gesamterlebnis.

Schon im Wartebereich, lange vor der senkrechten Auffahrt im Turm, erlebst du die ersten Details der Story. Wie in einem Museum laufen auf mehreren Bildschirmen verschiedene Ausschnitte einer eigens vom Hansa-Park produzierten Dokumentation. Darin erforscht der Moderator Christian Schröder den echten Kärnan in Schweden und klärt aus heutiger Sicht über den Schwur sowie die Sage dahinter auf.

Dann führt dich eine Treppe tief hinab ins raue, meist spärlich beleuchtete und stellenweise ziemlich enge Burggemäuer. An den Wänden der Treppe sind Screens angebracht, die eine weitere Episode der Doku zeigen.

Nun würdest du nach der Treppe normalerweise nach rechts in den Thron-Saal abbiegen, in dem alle paar Minuten der Bann inszeniert wird. Um aber das Ansteckungsrisiko in geschlossenen Räumen zu minimieren, führt der Weg momentan ohne Show direkt ins „Atelier des Baumeisters“.

Das Atelier des Baumeisters

Kurz vor dem Atelier und innendrin sind normalerweise die beiden letzten Ausschnitte der Doku zu sehen. Auch diese fallen momentan aus, um die Aufenthaltsdauer in den Räumen zu reduzieren. Der Schauspieler würde in den Videos jedoch erklären, dass Teile der Festung einsturzgefährdet seien. Deshalb auch der Rückwärtsfreifall im Turm. So lautet die Anweisung, alle losen Gegenstände abzulegen und das Gemäuer schnellstmöglich mit dem „königlichen Fluchtfahrzeug“ zu verlassen: der Achterbahn.

Es wird hektisch. Vorfreude macht sich breit. Es geht los.

An der Wand öffnen die Klappen eines Regals, das als Ablage der losen Sachen dient. Du darfst nichts mitnehmen, nicht einmal deine Brille. Auch Hosen- und Jackentaschen müssen komplett leer sein. Während der Fahrt wirken teils so starke Kräfte, dass sich lose Teile selbstständig machen könnten.

Sobald alle ihre Sachen abgelegt und verstaut haben, gibt das Personal des Hansa-Parks den Weg zum runden „Bann-Raum“ frei. Er ist ein weiteres Meisterwerk in der durchdachten Story und Szenerie der Achterbahn.

Bann entscheidet über deinen Sitzplatz

Der „Schwur des Kärnan“ fährt mit bis zu drei Zügen, die jeweils vier Waggons mit vier Sitzplätzen haben. So ist auch der Bann-Raum in vier Reihen aufgeteilt. Die Aufgabe lautet, dich mit höchstens drei weiteren Personen für eine dieser vier Reihen zu entscheiden und dich aufzustellen. Die Besonderheit ist aber, dass die ausgesuchte Reihe nicht die Reihe sein muss, in der du auch die Fahrt erlebst. Stattdessen entscheidet der Zufall.

Nacheinander leuchtet mit coolen Licht- und Soundeffekten immer jeweils eine der vier Reihen auf. Dann öffnet sich knarzend eine der vier Flügeltüren zu den Waggons. Du kannst Glück haben und die erste Reihe erwischen – es kann aber eben auch die letzte sein. Tipps, welche Stehreihe am ehesten zur ersten Sitzreihe führen, existieren meiner Kenntnis nach nicht, wobei ich oft in der zweiten Stehreihe Glück hatte.

Dass der Hansa-Park die Entscheidungsfreiheit nimmt, macht das Gesamterlebnis noch viel aufregender. Denn je nach Sitzreihe nimmt man die Fahrt und die wirkenden Kräfte unterschiedlich wahr. Hinten zum Beispiel wirst du ständig „mitgerissen“ und die Fahrt ist etwas kraftvoller als vorne.

Hansa-Park Kärnan Zug Detail 1

Bestes Fahrerlebnis in der ersten Reihe

Ich durfte schon mehrfach in der ersten Reihe fahren und finde, dass sie die beste ist. Der Sturz aus dem Turm mit freiem Blick nach unten ist einfach gigantisch. Ebenso die Wucht des Fahrtwindes in den bodennahen Kurven draußen.

Außerdem liebe ich den Moment, wenn man unten am Lifthill steht und darauf wartet, dass man empor fährt. Aus der ersten Reihe sind beim Blick nach oben mehrere kleine Lämpchen in der Schiene zu erkennen, die sich bis zur Kuppe der Bahn durchziehen. Ich vermute, dass das Sensoren sind, die die Position des Zuges erfassen.

Jedenfalls wird einem da unten in der Finsternis stehend noch mal bewusst, wie verdammt hoch der Turm-Nachbau eigentlich ist. Nämlich 79 Meter und damit sogar mehr als doppelt so hoch wie das Original in Helsingborg mit „nur“ 35 Metern.

„Der Schwur des Kärnan“ ist ein Must-Ride für alle Achterbahnfans und solche, die es werden wollen. Und ja: Die Bahn ist hoch, sie ist schnell und sie ist kraftvoll. Aber sie ist nicht super extrem. Der Hansa-Park bewirbt den Coaster offiziell als „Family Thrill Ride“. Auch aus meiner Sicht können nicht-so-Achterbahnerfahrene damit fahren. Leider ruckelt die Bahn hier und da schon etwas – aber darüber kann man finde ich hinwegsehen.

Wie findest du den „Kärnan“? Besuche mich bei Instagram und schreib mir einen Kommentar. Wenn du diesen Artikel cool fandst, freue ich mich, wenn du ihn mit deinen Freunden teilst.

Eike der Achterbahnreporter im Hansapark mit Kamera

Moin, ich bin Eike, der Achterbahnreporter. Seit über 3 Jahren reise ich quer durch Deutschland und Europa, um die besten Freizeitparks und ihre Achterbahnen und Attraktionen zu entdecken. Hier auf meiner Seite erzähle ich von ihnen, empfehle dir lohnenswerte Ziele und gebe dir hilfreiche Tipps für deine Reise. (Die ganze Story →)