Eingang des Golden Driller in der Fraispertuis City

Golden Driller, Fraispertuis City: Schon mal den freien Fall im Stehen (!) erlebt?

Stell dir vor, wie dich das Adrenalin packt, wenn deine Gondel den dutzende Meter hohen Turm hochgezogen wird und der Freizeitpark unter dir immer kleiner wird. Und stell dir vor, wie du einen Moment später im atemberaubenden freien Fall herunterdonnerst, von den Bremsen aufgefangen wirst und begeistert aussteigst. Gleich danach könntest du dich natürlich noch einmal für den Fall anstellen – doch das Erlebnis wird, da sich am Turm ja nichts verändert hat, sehr ähnlich zur vorigen Fahrt sein.

Beim „Golden Driller“ im nordost-französischen Freizeitpark Fraispertuis City ist das anders: Hier könntest du dich noch drei weitere Male anstellen und könntest den freien Fall jedes Mal wieder anders erleben. Normal aufrecht sitzend, wahlweise mit 20-Grad-Kippeffekt. Rittlings gestützt mit gerade nach unten hängenden Beinen und abermals gekippt. Oder sogar weltweit einzigartig auf einer gekippten Gitterplattform stehend (!).

Es handelt sich um einen besonderen 4-in-1-Freifallturm, der nach der jüngsten Schließung einer vergleichbaren Attraktion im britischen Freizeitpark Drayton Manor in dieser Form nur einmal auf der Welt existiert. Er mag vielleicht „nur“ 66 Meter hoch sein und die Gondeln mögen vielleicht „nur“ mit bis zu 90 Stundenkilometern nach unten rasen. Doch der „Golden Driller“ hält bei der Steh-Plattform den Höhen-Weltrekord und zählt auch insgesamt locker zu den intensivsten Freifalltürmen, die man aktuell erleben könnte.  

In diesem Bericht erfährst du mehr.

Auf der Suche nach dem „Schwarzen Gold“

Im frühen zwanzigsten Jahrhundert stießen amerikanische Geschäftsleute in Tulsa, Oklahoma, sowie in den kleinen Nachbarorten Red Fork und Glenpool überraschend auf reiche Ölvorkommen. Ihre frohe Kunde vom „Schwarzen Gold“ löste daraufhin einen wahren Bevölkerungsansturm aus. Von überall aus dem Land zogen Menschen herbei, um Arbeit und Reichtum zu finden.  

Tulsa wuchs in nur wenigen Jahren auf über 70.000 Einwohner an und die Unternehmen wirtschafteten erfolgreich – so erfolgreich, dass das einst kleine Örtchen in Oklahoma für die nächsten mehr als sechs Jahrzehnte zur „Ölhauptstadt der Welt“ wurde. Für viele der Menschen, die hierherkamen, gingen die Pläne und Wünsche auf.

Später, genauer im Jahr 1966, errichtete die Stadt Tulsa zu Ehren der Kühnheit der Männer eine 23 Meter hohe, monumentale Statue. Sie erscheint als muskulöser, dominant-breitbeinig stehender Mann, der seinen rechten Arm lässig auf einem etwas niedrigeren Bohrturm ablegt.

Der Name dieser Statue: „Golden Driller“.

Attraktion mit symbolischem Ausdruck

Mit dem „Golden Driller“ erinnert die Fraispertuis City an eine Geschichte des Abenteuers, des Aufbruchs, des weltweit bedeutsamen Fortschritts. Der Freizeitpark holte sich die offizielle Genehmigung der Stadt Tulsa ein, die originale Statue, die übrigens genau so alt wie der Freizeitpark selbst ist, im kleineren Maßstab nachbauen zu dürfen. Dahinter entstand die Kulisse einer offenbar verlassenen Bohranlage, die zwischenzeitlich touristisch umfunktioniert wurde. Der Freifallturm, einer der ziemlich massiven Rohr-Tower des Liechtensteiner Herstellers Intamin, ragt dabei mittig aus einem jetzt begehbaren und rostig erscheinenden Öltank empor.

Genau dieser subtile Kontrast macht die Thematisierung der Attraktion so interessant: Einerseits fällt der Blick auf jene ehrende Statue. Sie fällt auf, ist detailgetreu nachgebildet. Andererseits scheint in der Bohranlage dahinter schon lang kein Öl mehr gefördert zu werden. Die Fraispertuis City erzählt also die abenteuerliche Geschichte aus dem Amerika des frühen zwanzigsten Jahrhunderts und nimmt gleichzeitig eine kritische Position bezüglich jener endlichen Ressource und Industrie ein, mit der die Geschichte unmittelbar verbunden ist.

Bestärkt wird diese Annahme auch durch die fast benachbarte Achterbahn „Timber Drop“. Dort erinnert der Freizeitpark an die kalifornischen Redwood-Wälder, die in der Zeit der Besiedelung des Westens ohne Rücksicht auf Verluste fast komplett gerodet wurden, um den enormen Bedarf an Bauholz zu decken. Die Achterbahn erscheint in der Kulisse eines traditionellen Holzfällerlagers. Außerdem stürzen die Fahrgäste beim 113,1 Grad steilen Drop – übrigens die steilste Abfahrt auf einer Achterbahn in Europa – in einen 18 Meter hohen abgeholzten Baumstumpf.

Um auf die bis heute andauernde, übermäßige Abholzung von riesigen Waldflächen aufmerksam zu machen, spendet die Fraispertuis City für jeden 500sten Fahrgast auf der Achterbahn einen Baum. Es ist daher gar nicht so unwahrscheinlich, dass der Freizeitpark eben auch beim „Golden Driller“ die in diesem Fall subtil-kritische Position gegenüber der Erdölindustrie einnimmt. Und damit zurück zu der Attraktion selbst:

„Golden Driller“: Geniestreich für die Fraispertuis City

Sitdown. Tilted Sitdown. Tilted Floorless. Ich habe drei von vier Varianten des „Golden Driller“ durch. Eine war intensiver als die andere – und nur noch eine fehlt. Ich komme einmal mehr im begehbaren Öltank an und steige über zwei Holzstufen auf den grob gerasterten Gitterboden der Freifall-Stehgondel. Für mich ist das völlig neu: Ich bin schon mit diversen Freifalltürmen gefahren, oft auch gekippt, doch immer sitzend – mindestens auf einer Art Fahrradsattel. Das letzte Mal war erst vor fünf Minuten. Sich jetzt in die Gondel hineinzustellen und eben stehend gesichert zu werden, kenne ich so nicht.

Genau wie alle anderen Gondeln fasst auch diese vier Personen. Der Operator zieht zwischen den Beinen eine Stützvorrichtung für den Rumpf nach oben. Ich ziehe derweil den Schulterbügel herunter. Einen Moment später hakt auch schon der Träger ein. Die Gondel setzt sich sanft in Bewegung. Es geht nach oben. Mit jedem Höhenmeter realisiere ich noch etwas mehr, dass ich jetzt wirklich zum ersten Mal einen Steh-Fall aus 66 Metern absolvieren werde – und das auf einem Gitter, dessen Tiefenmaß so knapp kalkuliert ist, dass die Spitzen meiner Schuhe minimal über den vorderen Rand der Plattform hinausragen. Nervenkitzel.

Zu viert steigen wir mit einer Geschwindigkeit von 2,4 Metern pro Sekunde immer weiter gen Top – und oben angekommen kippt es uns nach vorn. Aufgrund der Stehposition kommen mir der Neigungswinkel von eigentlich nur 15 Grad deutlich größer vor. Ein paar Sekunden später bleiben wir stehen. Und dann geht es ganz schnell: Die Mechanik des Trägers zischt leise, dann klackt es und wir rasen nach unten.

Gänzlich fixiert erlebe ich ein Fall-Gefühl, wie ich es noch nie erlebt habe: Ich stehe fest auf einem Boden, aber falle. Und erstmals fühlt sich der Freefall nicht so an, als würde mich die Gondel einfach herunterreißen, sondern eher ein bisschen so, als würde es mich mit immer mehr Tempo Richtung Boden drücken. Selbst die Bremsung am Fuße des Turms fühlt sich anders als bisher an: Nicht das Becken federt die Kräfte ab, sondern die Beine. Es ist, als würde man von etwas runterspringen und weich landen. Jedenfalls ist es neu, ungewohnt, überraschend, spektakulär. Richtig gut einfach.

„Golden Driller“ war genau die richtige Attraktion für den Wildwest-Freizeitpark

Was ich beim „Golden Driller“ ebenfalls das erste Mal erlebe: Keinen Panoramablick. Die Fraispertuis City ist mitten in einem schmalen Tal der Vogesen gelegen. Ringsherum ziehen sich steile und dicht bewaldete Hänge empor. Und die sind hoch. So hoch, dass man an der 66 Meter hohen Spitze des „Drillers“ eher gegen die Hänge blickt als darüber hinaus. Eine idyllische Herausforderung:

Die Fraispertuis City kann nur aus einem sehr begrenzten Platzangebot schöpfen, um zu wachsen. Es ist ähnlich wie beim Phantasialand, nur hier naturbedingt. Und das bedeutet, dass Neuheiten mit einem möglichst kleinen Footprint auskommen sollten, während sie trotzdem aufmerksamkeitsstark sind und die Fraispertuis City interessant(er) machen.

Aus meiner Sicht war die millionenschwere Investition in den „Golden Driller“ vor diesem Hintergrund eine goldrichtige Entscheidung. Der Turm nimmt kaum Grundfläche ein. Man verbringt durch die vier Erlebnisse in einem – sofern man sie alle machen möchte – mehr Zeit an nur dieser einen Attraktion. Und obendrauf ist der „Driller“ dank seiner Einzigartigkeit, Intensität und des Weltrekords bei der Stehplattform weit über die Region hinaus im Gespräch. Hätte sich die Fraispertuis City eine bessere Neuheit ausdenken können, um das Thrill-Portfolio zu erweitern?

Jede einzelne Variante ist für sich stehend super: Die beiden Sitdown-Varianten haben Schoßbügel statt Schulterbügel, was tatsächlich nur selten vorzufinden ist. Dadurch ist mehr Oberkörper-Freiheit gegeben. Die Rittlings-Variante fährt sich zunächst wie der „High Fall“ im Movie Park Germany, nur etwas bequemer, hat hier aber noch den entscheidenden Kippeffekt, der im Movie Park leider irgendwann abgeschafft wurde. Das macht’s besser. Und die weltweit in dieser Form einzigartige Stand-Up-Variante steht sowieso für sich.

Meiner Meinung nach schafft es der „Golden Driller“ zwar nicht am „Highlander“ im Hansa-Park vorbei, der auch weiterhin mein Free-Fall-Favorit ist, doch Platz 2 unter allen bisher gefahrenen Freifalltürmen ist auf jeden Fall drin.

Besuch der Fraispertuis City ist absolut empfehlenswert

Auf Tripadvisor wurde die Fraispertuis City 2022 auf Platz 5 der besten französischen Freizeitparks und auf Platz 19 der besten Freizeitparks in Europa gewählt. Und auch ich finde, dass der Freizeitpark absolut empfehlenswert ist.

Der Park existiert schon seit 1966 und beschäftigt sich vor allem mit Geschichten und Hintergründen aus der Eroberung des Westens. Zwar ist die Fraispertuis City relativ klein und bietet keine superspektakulären Großachterbahnen auf dem Niveau der europäischen Spitzenparks. Doch sie ist hübsch aufgemacht, äußerst sympathisch und man kann hier von morgens bis abends und mit hohem Spaßfaktor einfach schöne und entspannte Stunden verbringen.

Auf meiner Frankreichtour, die auch das Disneyland Paris und den Parc Astérix beinhaltete, war die Fraispertuis City eine äußerst positive Überraschung und ich bin mir zu 100 % sicher, dass ich sie wieder besuchen werde. Vielleicht ja sogar schon sehr bald, denn tatsächlich plant der Park für 2024, spätestens 2025, eine neue Familien-Achterbahn, die die teuerste Einzelinvestition in der Geschichte der Fraispertuis City darstellen wird.

Was genau dahintersteckt, bleibt noch abzuwarten – auf jeden Fall lohnt es sich aber, wenn sie nicht eh schon drauf ist, die Fraispertuis City aufs Radar zu nehmen. Und falls du nicht extra wegen dieses Parks in die Vogesen fahren möchtest: Der Europa-Park ist nur circa zwei Autostunden entfernt und so lassen sich beide Parks hervorragend miteinander kombinieren 😉.

Eike der Achterbahnreporter im Hansapark mit Kamera

Moin, ich bin Eike, der Achterbahnreporter. Seit über 3 Jahren reise ich quer durch Deutschland und Europa, um die besten Freizeitparks und ihre Achterbahnen und Attraktionen zu entdecken. Hier auf meiner Seite erzähle ich von ihnen, empfehle dir lohnenswerte Ziele und gebe dir hilfreiche Tipps für deine Reise. (Die ganze Story →)